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  27.02.2019

Kunststoffverpackungen unter Druck-Das neue Verpackungsgesetz

nutrineo im Gespräch mit dem strategischen Einkäufer Laurens Rieckmann
 
3,5 Millionen Tonnen Müll produziert die Weltbevölkerung jeden Tag. Bis 2025 wird sich das Müllaufkommens fast verdoppeln. Schon jetzt sind die Auswirkungen auf die Umwelt immens. Vor allem Kunststoffe haben daran großen Anteil.

Harte Fakten
• Nur 14 % der Kunststoffverpackungen weltweit werden recycelt, europaweit sind es 41 %, in Deutschland 50 % 
• In Europa werden noch 31 % der Kunststoffabfälle deponiert, in Deutschland < 1 % 
• Recycelter Kunststoff (Rezyklate) decken nur 6 % des Kunststoffbedarfs in Europa 
• Verpackungen mit einer Größe kleiner als DIN A4 gehen direkt in die Verbrennung und werden nicht recycelt
• Zwischen 5 und 13 Mio. Tonnen Kunststoff pro Jahr landen im Meer (entspricht 1,5 bis 4 % der weltweiten Kunststoffproduktion) 
  > Schätzungsweise 82 % aus Asien, bis zu 500.000 Tonnen aus Europa 
• Problem: mangelnde Abfallwirtschaft 


Das neue Verpackungsgesetz (VerpackG)
Europaweit gilt für Verpackungen, dass der Hersteller eines Produkts auch für die Verpackung die Produktverantwortung im Sinne von Vermeidung, Wiederverwendung und Verwertung übernimmt. Die Umsetzung in Deutschland erfolgt über das Verpackungsgesetz (VerpackG), das seit dem  01.01.2019 in Kraft ist und die bislang geltende Verpackungsverordnung ablöst. Das VerpackG soll dazu beitragen, eine höhere Recyclingquote von Verpackungen zu erreichen und die Entstehung von Verpackungsabfällen zu vermeiden, um damit auch den Marine Litter (Verpackungsmüll in den Meeren) drastisch zu reduzieren. Natürlich verfolgt das Gesetz außerdem das Ziel, vor unlauterem Wettbewerb zu schützen. Dafür wurde ein öffentlich einsehbares Register eingerichtet, in dem jeder prüfen kann, ob sich Unternehmen an die gesetzlich vorgeschriebenen Pflichten zur Vermeidung und Verwertung von Verpackungsabfällen halten. 

 

Anforderungen des neuen VerpackG 
1. Pflicht zur Registrierung 
Jeder Hersteller, der Produkte (befüllte Verpackungen) erstmalig in den Verkehr bringt, ist verpflichtet, sich bei der extra dafür geschaffenen Stiftung "Zentrale Stelle Verpackungsregister“ selbst anzumelden.

2. Pflicht zur Systembeteiligung 
Schon unter der vorherigen Verpackungsverordnung war es Pflicht, sich an einem dualen System zur Verwertung von Verpackungsabfällen zu beteiligen. Neu ist, dass durch die Einführung der Registrierungspflicht und Vergabe einer individuellen Registrierungsnummer alles deutlich transparenter gestaltet ist.

3. Folgen von Verstößen
Wer die Registrierung vorsätzlich oder fahrlässig unterlässt, begeht eine Ordnungswidrigkeit. Das kann mit einer Geldstrafe von bis zu 100.000 € geahndet werden. Außerdem muss mit Abmahnungen durch Mitbewerber gerechnet werden, wenn keine Anmeldung erfolgt, denn das stellt einen unlauteren Wettbewerbsvorteil dar. Eine Besonderheit ist, dass im öffentlich einsehbaren Register von Medienvertretern, Behörden, Verbrauchern oder auch Mitbewerbern recherchiert werden kann, ob das jeweilige Unternehmen seine rechtlichen Pflichten einhält. 

In der Produktion - Folien für Sachets
In der Produktion - Folien für Sachets

Recyclebare Folien im Focus der Verpackungsexperten 
Unser Einkauf setzt sich deshalb schon frühzeitig mit dem Thema Verpackungsrecycling auseinander. Als strategischer Einkäufer und Experte für den Bereich Verpackungsmaterialien ist Laurens Rieckmann zuständig.

Herr Rieckmann, weshalb beschäftigt sich die Abteilung Einkauf schon heute mit dem Thema Recyclebare Folien?
„Durch die aktuelle und anhaltende Diskussion in den Medien über den verschwenderischen Einsatz von Verpackungsmaterialien sowie der neuen, nationalen Gesetzgebung treten der Handel und unsere Kunden in der jüngsten Vergangenheit verstärkt an uns heran, inwiefern es nachhaltigere Verpackungslösungen am Markt gibt und wir diese einsetzen können. Wir haben dies zum Anlass genommen, um einen Workshop im Beisein von Vertretern verschiedenster, betroffener Fachabteilungen durchzuführen. Es wurde aufgezeigt, welche Folgen die neue Gesetzgebung hat, wie das Recycling in Deutschland erfolgt und welche alternativen, nachhaltigen Lösungen am Markt derzeit verfügbar sind.“

Welchen Dingen gilt in dieser Thematik besonderes Augenmerk, Herr Rieckmann?
„Alternative und nachhaltigere Lösungen haben u.a. Einfluss auf die Maschinengängigkeit/ -leistung, Preis, Barriere (MHD), Optik sowie Haptik. Deshalb müssen bei derartigen Projekten von vornherein neben dem Vertrieb auch gleichzeitig Fachbereiche wie Produktion, Technik, Produktentwicklung, Betriebswirtschaft/Controlling, das Marketing und Qualitätsmanagement mit eingebunden sein.“

Gibt es nachhaltige Folien-Lösungen, die für unsere Anwendungszwecke infrage kommen?
„Insgesamt gibt es hier vier Ansätze, die zu einem ressourcenschonenderen Einsatz, vor allem von fossilen Rohstoffen, führen. 
1.    Den bisherigen Materialaufbau unserer Verbundfolien dünner zu gestalten bzw. auf Barriereschichten wie z.B.Aluminium zu verzichten.
2.    Einen Verbund aus bestimmten Kunststoffen zu wählen, dessen Recyclingfähigkeit sehr hoch ist.
3.    Einen Verbund aus zum Teil nachwachsenden Rohstoffen zu wählen.
4.    Einen Verbund aus nachwachsenden Rohstoffen einzusetzen, der später auch kompostierbar wäre.

 

Können die staatliche Zielvorgaben bis 2022 erfüllt werden?
Interessant wird sein, ob die Vorgaben des Verpackungsgesetzes - 90 % Erfassung und 63 % wertstoffliche Verwertung - bis 2022 erfüllt werden können. Gegenwärtig liegen in Deutschland und der EU die Recyclingquoten noch unter 50 %. Daher macht das VerpackG nicht nur den Herstellern, sondern auch der Recycling-Industrie klare Vorgaben.

•    Höhere Recyclingquoten für Wertstoffe
•    Innovative recyclingfähige Verpackungen (Verpackungsmittelhersteller + Hersteller z.B. der Lebensmittelindustrie 
•    Bessere industrielle Sortierung des Verpackungsmaterials des Gelben Sacks
•    Optimierung der Separation des Verpackungsmülls 
•    Höhere Verwertung der Verpackungen kleiner DIN A4